Open-Source-Software für öffentliche Einrichtungen – Ein Überblick
Von Alexander Schneider
Unter Open Source kann sich fast jeder zumindest vage etwas vorstellen. Oft schwirren dabei Gedanken wie kostenlos und kompliziert durch die Gegend. Dass Open-Source-Software aber viele Vorteile, gerade für öffentliche Einrichtungen, hat, zeige ich dir im folgenden Artikel, in dem wir folgende Punkte näher beleuchten:
- Welche Vorteile hat Open Source?
- Welche möglichen Herausforderungen gibt es?
- Erfolgreiche Anwendungsbeispiele
- Open Source Alternativen in allen Bereichen
Welche Vorteile hat Open Source?
In öffentlichen Einrichtungen Open-Source-Software einzuführen hat ähnliche Vorteile wie in anderen Organisationen. Aber auch ein paar zusätzliche:
Unabhängigkeit
Wenn die gesamte Einrichtung Windows als Betriebssystem, MS Office für Dokumente und Teams für die Kommunikation, dann findet 90 % des digitalen Arbeitsalltags im Ökosystem von Microsoft statt. Microsoft ist hier nur das prominenteste Beispiel. Je nach Fachgebiet gibt es natürlich auch andere Hersteller, bei denen man leicht in einem sogenannten Lock-In landet.
Diese Unternehmen können dann im Alleingang die Arbeitsweise steuern, ohne dass man sich als Kunde wirklich dagegen wehren kann. Gerade bei öffentlichen Einrichtungen ist das eine problematische Situation.
Kosteneinsparungen
Zuerst: Open Source ist nicht zwingend Gratis – jedoch ist das oft der Fall. In der Regel bezahlt man nichts oder wenig für die Software selber, bzw. nur für Support die Software betreffend.
Auch gesparte Kosten sind ein wichtiger Entscheidungsfaktor bei Open Source Software. (Bild von Unsplash.com)
Nichtsdestotrotz fallen die nicht erheblichen Lizenzkosten, die heutzutage in der Regel Abonnements sind, weg. Um Open-Source-Software zu betreiben, entstehen zwar auch etwa Serverkosten, aber diese sind unter Umständen günstiger, da sie nur kostendeckend sind. Zudem gibt es für Bereitstellung von Open-Source-Software in der Cloud einen freien Markt, wodurch die Kosten tendenziell niedriger sind, als bei proprietärer Software, die es nur von einem Anbieter gibt.
Flexibilität durch Anpassungen
Wenn dir in proprietärer Software etwas nicht gefällt, oder nicht so funktioniert, wie deine Organisation es braucht, dann hast du in der Regel keine Möglichkeit das zu ändern. Das höchste der Gefühle ist es, dem Hersteller die Wünsche zu äußern und zu hoffen, dass genügend andere Kunden die gleichen Anforderungen haben.
Mit Open-Source-Software steht es deiner Organisation in der Regel frei, die Software auf eigene Faust, oder mithilfe der Community zu modifizieren. Selbst, wenn deine Einrichtung die einzige ist, die eine Anpassung benötigt, kann eine Version nur für deine Einrichtung erstellt werden.
Sicherheit vor Datenabfluss und Hintertüren
Die Hersteller von der meisten Software, die in professionellen Organisationen benutzt wird, sind in der Regel amerikanische Konzerne. Diese können durch den Patriot Act und ähnliche Gesetze verpflichtet werden, Hintertüren in ihre Software einzubauen. Diese Hintertüren können dann unbemerkt Daten an amerikanische Behörden ableiten. Ähnliches gilt für Daten auf amerikanischen Servern, oder auch teilweise europäischen Servern von amerikanischen Unternehmen.
An dieser Stelle sei gesagt, dass es natürlich nicht heißt, dass das bei jedem amerikanischen Hersteller zwingend der Fall ist, aber alleine die Menge an bekannt gewordenen Fällen, die mit einer Google-Suche auftauchen ist ausreichend, um sie als reale Gefahr einzustufen.
Wichtig ist, dass gerade bei öffentlichen Einrichtungen keine Daten in falsche Hände geraten. (Bild von Unsplash.com)
Bei etablierter Open-Source-Software arbeiten im Normalfall eine ganze Menge an Unternehmen, Privatpersonen und sonstiger Organisationen gleichzeitig daran. Dadurch ist es nahezu unmöglich, Hintertüren unbemerkt in der Software zu platzieren. Da die Software auch oft selbst gehostet wird, fällt auch die Gefahr durch Datenleaks auf fremden Servern weg.
Kooperative Weiterentwicklung
Die (Weiter)Entwicklung von proprietärer Software liegt in der Hand eines Unternehmens. Die von Open-Source-Software hingegen in einem Zusammenschluss von verschiedensten Instanzen, die in der Regel ähnliche Interessen verfolgen.
Um das zu Unterstreichen hat der Bund sogar eine ganze Plattform dazu veröffentlicht. Auf OpenCode kollaborieren Menschen zu Open-Source-Software, die für die öffentliche Verwaltung nützlich ist.
Durch die Insolvenz eines Unternehmens geht Software so nicht verloren, sondern wird einfach wie gewohnt weiter entwickelt.
Welche möglichen Herausforderungen gibt es?
Natürlich gibt es auch bei Open-Source-Software Herausforderungen, die sich auftun können. Hier ein Überblick:
Kosten an anderer Stelle
Je nach Software spart man nicht nur durch wegfallende Lizenzkosten. Sofern es sich um Cloud-Software handelt, muss diese natürlich weiterhin irgendwo betrieben werden. Es fallen dadurch Server- und Betriebskosten an. Alternativ muss man Anbieter bezahlen, welche die Software in der Cloud zur Verfügung stellen. Wenn man die Software modifizieren möchte, muss man entweder Entwickler:innen bezahlen, oder Dienstleister dafür anheuern – vorausgesetzt in der Community, die die Software pflegt, werden nicht schon ähnliche Bestrebungen angeregt.
Es empfiehlt sich also vorher einmal durchzurechnen, wie die finanzielle Situation durch einen Umstieg verändert wird.
Nicht vorhandene Alternativen
Es gibt zwar für sehr viel Software auch Open Source Alternativen, aber eben nicht für alle. Manchmal finden sich auch nur Alternativen, die für den eigenen speziellen Anwendungsfall nicht geeignet sind. Oder man ist auf proprietäre Dateiformate angewiesen, die von einer Open Source Variante nicht unterstützt werden.
Für manche Kategorien ist die Suche nach Open-Source-Software leider eine Sackgasse. (Bild von Unsplash.com)
Glücklicherweise ist man nicht darauf angewiesen, alles oder nichts zu migrieren. Eine Mischung aus proprietärer und Open-Source-Software ist durchaus eine gängige Möglichkeit.
Migrationsaufwand
Migration ist auch schon das richtige Stichwort. Der Wechsel selbst ist natürlich auch ein Aufwand, den man beachten muss. Das kann zwar bei trivialen Dingen, die einer Urlaubszeitverwaltungssoftware nur bedeuten, dass die Mitarbeiter:innen einen neuen Link nutzen, aber bei anderen erhebliche zeitliche und monetäre Ressourcen fordern. Wenn das Betriebssystem, oder eine Kernsoftware migriert wird, muss das detailliert geplant werden, um Ausfälle und den nahtlosen Austausch auch zu garantieren.
Fehlende Akzeptanz
Ein Softwaretausch kann schnell durch fehlende Akzeptanz der Mitarbeiter:innen gestoppt werden. Wenn diese sowieso bereits stark ausgelastet sind, dann ist es verständlich, dass die zusätzliche Arbeitslast neue Prozesse und Interfaces zu lernen erstmal auf Ablehnung stößt.
Und auch wenn die Akzeptanz vorhanden ist, muss beachtet werden, dass die Mitarbeiter:innen auf die neue Software geschult werden müssen und in einer Übergangsphase wahrscheinlich erstmal weniger produktiv sein werden.
Erfolgreiche Beispiele
Im Jahr 2003 stieg die Münchener Verwaltung bereits komplett auf Open Source Systeme um. Sie ließen dazu sogar eine eigene Variante des Linux Betriebssystems entwickeln. Insgesamt konnte die Stadt laut eigener Aussage damit 25 % der Kosten gegenüber dem proprietären Windows sparen. Obwohl der Stadtrat inzwischen beschlossen hat, sich von dem Open-Source Konzept abzuwenden, kann man das ganze als Erfolg betrachten. Vor allem, weil die Abkehr laut dem zuständigen IT-Leiter rein politische Gründe hatte.
Als Behörde mit sehr komplexen Anforderungen setzt das Auswärtige Amt seit 2002 auf Open Source. Dort konnten laut eigener Angabe die Kosten pro Arbeitsplatz um etwas die Hälfte gesenkt werden. Auch hier wurde eine teilweise Rückmigration vorgenommen, um weitere Kosten zu sparen.
Und auch im Deutschen Bundestag werden zum Beispiel überwiegend Open-Source-Software verwendet. Jedoch zeigen auch die teilweisen Rückbesinnungen auf proprietäre Software, dass das richtige Maß aus passender Open-Source-Software und spezialisierter proprietärer Software gefunden werden muss.
Open Source Alternativen in allen Bereichen
Zu guter Letzt schauen wir uns ein paar Open Source Alternativen für beliebte Software-Kategorien an. Das ist natürlich nur eine Auswahl, es gibt jede Menge Kategorien und passende Software.
Betriebssysteme
Inzwischen sollte Linux den meisten ein Begriff sein. Von diesem freien Betriebssystem gibt es jede Menge Varianten, wobei Debian-basierte Systeme wie Ubuntu besonders beliebt sind bei Endanwendern. Der größte Vorteil an Linux ist, dass eine weltweite riesige Community dauerhaft an der Weiterentwicklung weiter arbeitet.
Office-Software
Dokumente schreiben, Tabellen bearbeiten und Präsentationen vorbereiten müssen wohl die meisten. Um so wichtiger, dass man auch in diesem Bereich auf Open-Source-Software zurückgreifen kann. Die prominentesten Vertreter sind dabei OpenOffice und LibreOffice. Letzteres ist eine Abspaltung aus dem Ersteren. Als Grundregel kann man sagen, dass LibreOffice aktuell deutlich aktiver scheint und mehr Updates bekommt, als auch kompatibler mit den Microsoft-Dokumentenformaten ist. Mit LibreOffice ist es normalerweise kein Problem ein MS Dokument zu öffnen und zu bearbeiten.
Videokonferenzen
In den letzten Jahren haben nicht nur die kommerziellen, sondern auch die Open-Source Anbieter von Videokonferenzsoftware einen starken Aufschwung erlebt. Als Alternativen zu Zoom, Webex und MS Team positionieren sich eine ganze Reihe Open Source Alternativen.
BigBlueButton als Open Source Videokonferenzlösung für die Lehre (Bild von Wikimedia.org)
Am häufigsten sieht man Jitsi, BigBlueButton und Nextcloud Talk. Letzteres benötigt eine Nextcloud Instanz. Jitsi und BigBlueButton unterscheiden sich leicht durch den Fokus. Jitsi setzt eher auf klassische Videokonferenzen, die für Meetings genutzt werden, während man bei BigBlueButton den Fokus auf Coachings, Schulungen und Lehre generell merkt.
Teamkommunikation
Spätestens seit MS Teams und Slack kennt fast jeder die Systeme für einen schnellen Austausch innerhalb eines Teams. Schnell mit den Kolleg:innen synchronisieren, oder mal eine Datei austauschen benötigt eben nicht immer eine E-Mail.
Zwei Open-Source Kandidaten sind dabei Mattermost und Rocket.Chat. Rocket.Chat fokussiert sich dabei rein auf den Chat und wäre eine gute Möglichkeit, falls nur dieser benötigt wird. Mattermost bringt hingegen auch noch eine kleine Projektmanagement-Lösung namens Boards mit. Mattermost, welches zusammen mit GitLab entwickelt wurde, kommt inzwischen auch standalone, arbeitet aber auch gut damit zusammen, wenn man GitLab ebenfalls einsetzt.
Browser
Um im Internet unterwegs zu sein, kann man natürlich auch auf Open-Source Browser zurückgreifen. Bei den Open-Source Browsern am bekanntesten ist wohl Firefox. Das Projekt wird vom Mozilla Konsortium entwickelt und gepflegt.
Alternativen sind noch Chromium, das als Grundgerüst für verschiedene non-Open-Source Browser wie Chrome oder Microsoft Edge darstellt. Auch auf Chromium basierend ist der auf Privatsphäre fokussierte Browser Brave.
Interaktive Meetings und Events
Um Präsentationen, Events oder auch einfach nur große Meetings deiner Einrichtung interaktiv zu gestalten kannst du natürlich auch auf Open Source zurückgreifen. Schnaq erlaubt dir viele verschiedene Interaktionselemente wie Wortwolken, Umfragen, Feedbacks, Fragenboxen und mehr einzusetzen, um dein Publikum aktiv einzubinden. Die Teilnahme erfolgt einfach per Smartphone oder Computer. Ein paar der typischen Features von schnaq als Interaktionssoftware für Events
Falls du weitere Informationen oder Hilfe beim Betrieb brauchst, kannst du auf schnaq.com schauen. Auch eine betreute Version, die auf europäischen Servern bereitgestellt wird, kannst du direkt auf unserer Homepage buchen.
Fazit
Open-Source-Software ist auch für öffentliche Einrichtungen keine magische Lösung. Wenn jedoch Vor- und Nachteile sorgfältig abgewogen werden, finden sich in der Regel jede Menge Einsatzfälle für Open-Source-Software, die dazu beitragen, eine transparentere und datenschutzkonforme Zukunft einzuleiten.
Infografik
Damit du deine neu gelernten Erkenntnisse mit anderen teilen kannst, haben wir hier den Beitrag auch als Infografik aufbereitet.